8.18,08
As a filmmaking team, Berlin-based Dieter Köster and Hannelore Conradsen
have conceived, written, directed, and edited over 150 films,
documentaries, shorts, animation, video clips, music spots, and
assorted other media productions. This KINO interview just skims the
surface of their creative oeuvre. (Übersetzung Interview Conradsen & Köster mit frd. Genehmigung KINO)
Wie viele Filme - Features, Dokumentationen,
Kurzfilme, TV-Reportagen, Animations- und Experimentalfilme haben Sie
zusammen realisiert?
15 Spielfilme (3 Kinofilme, 12
Fernsehspiele). (auch als Autoren). 32 Videoclips und Musikfilme (nur
D. Köster auch Autor) 33 TV-Prominentenporträts (nur D. Köster, auch
Autor) 22 Lange Dokumentarfilme (davon 20 gemeinsam, auch
produziert) 45 Feature, Reportagen 20 Sonstiges (Experimental,
Unterhaltungssendungen) 2 Animationsfilme (eine
„Realanimation“) (auch als Autoren und Produzenten) = 157 Projekte. (Stand
Sommer 2008)
Sind Ihre Filme für die Öffentlichkeit verfügbar ?
Der
größte Teil ist über die „Mitschnittdienste" des Fernsehen
(SWR, NDR, RBB, HR, ZDF) bestellbar. Ausschnitte
können Interessierte auf unserer HP „Die Andere Seite“ -
http://www.conradsen-koester-film.de (auf der Seite „Filmografie“) ansehen oder über die Wiederholungen im TV.
Gibt es ein Archiv Ihrer Arbeit?
Unsere Filme
sind über viele Sendeanstalten verstreut, archiviert. Aufgrund der
schnellen Realisierbarkeit der Projekte, haben wir oft
Auftragsproduktionen bevorzugt (heute die Idee, morgen realisiert).
Auch in den an der Förderung beteiligten Archiven finden sich Kopien und
einige sind privat archiviert; im 16mm Filmformat, Beta- Digi und Sp,
Mini- DV, Ampex.
Wann und wie hat ihre gemeinsame Karriere als
Filmemacher begonnen ? Wie weit besteht die Möglichkeit, ihre Arbeit
selbst zu kontrollieren (zu bestimmen) ?
Wir trafen
uns das erste Mal bei einer Testvorführung des Film „Briefwechsel“
(1968) und hatten bei der Diskussion des Inhalts sofort die gleichen
Gegner. 4 Jahre haben wir „lustvoll“ an der Fortentwicklung
dieses Film zusammen gewirkt, bis uns das ZDF ihn gleich abkaufte. Das
war die Grundstimmung. In Folge haben wir großen Wert darauf gelegt unser Privatleben dabei nicht aus dem Auge zu verlieren. Bei
der Einbindung in Auftragsproduktion (der TV - Sender), versuchten wir
beim Realisieren unsere Unabhängigkeit zu wahren. Mussten dabei (auch)
tricksen (durch Subversion und Anpassung) und sind (was die Themen
betrifft) auch Kompromisse eingegangen. Haben dann aber den (manchmal
beliebigen) Themen konsequent die eigene Handschrift verpasst und uns
zu Wehr gesetzt, wenn diese jemand manipulieren wollte oder zu
verfälschen suchte.
Wie würden Sie ihre Arbeit in Film,
Fernsehen, Video oder Internet beschreiben oder charakterisieren ? Sind
Sie Regisseure von dokumentaristischen- oder fiktionalen Filmen ? Wo
sehen Sie die Grenze zwischen Fiktion und Dokumentarfilm ?
Wir
vertrauen den fiktionalen Möglichkeiten des Wirklichen und
der realistischen Grundlage alles Fiktionalen, unabhängig vom Genre und
Abspielort. Wir sind dokumentierende Fiktionalisten,
erzählend, anteilnehmend, reportierend, die unsere Erlebnisse (meist)
normaler Menschen*, spannend aufbereiten und weitergeben. (*TV ist einfacher Ort gesellschaftlichen Spiegels). Eine Grenze, sollte die Würde des Menschen (im Dokumentarischen) tangiert sein.
Welcher
ist Ihr Lieblings-Film und welche Fernseh-Produktionen mögen Sie am
liebsten? Einige Ihrer bevorzugten aber noch nicht realisierte Projekte
? (einschließlich die ihres Sohnes Svenne Köster).
Wenn
gemeint ist, welche Produktionen wir im allgemeinen mögen, so mag
Hannelore Conradsen im Kino am liebsten: „Death Proof“, (USA, von
Quentin Tarantino, 2006) und als eigenen Film im Fernsehen:
„Wer angibt, hat mehr vom Leben“ (Deutschland 1999).
Dieter Köster
favorisiert im Kino „2 unter Millionen“ (BRD 1961) von Liebske und
Vicas. Von seinen eigenen Filmen mag er „Träume auf Rädern - Orient
Express“ (Deutschland, 2000), weil der so schön „subversiv“ daherkommt.
„Der reinste Terror" von Sohn Svenne Köster (Deutschland, 2007) gefällt
uns beiden, nicht nur als Eltern, sondern weil er aus einer Generation
kommt, die sich einen Dreck darum zu scheren scheint, was opportun oder
verwertbar ist: Hier werden unsere (!) alltäglichen Ressentiments anschaulich gemacht. Wir haben so gut wie alles realisieren können, was nur vorstellbar ist, in unterschiedlichsten Genres und sind dankbar dafür.
Wie beurteilen Sie die Zukunft Ihrer Arbeit in einem der oben genannten Medien ?
Die
Programmverantwortlichen an der Spitze des öffentlich- rechtlichen
Fernsehsystem haben vor Jahren (u. a.) den Fehler begangen, es
Festangestellten (Ab- teilungsleitern und Redakteuren) zu überlassen, das
Programm nach deren Vorgaben zu gestalten, anstatt den von außen
kommenden ideenreichen Einflüssen zu vertrauen. Weisungsgebundene beauftragen die freiberuflichen Macher, dem Zuschauer zu
liefern, was jene sich so ausgedacht haben, vor allem ihm hinten rein zu
kriechen, der Quote wegen.
Das führte zur flächendeckenden
Provinzialisierung, meist ohne Charme des spezifisch Banalen. Wir
wurden (in der F.R.) als „Dinos“ bezeichnet, weil wir noch auf
markanten Sendeplätzen realisieren "durften", was uns halbwegs gefiel.
Viele Kollegen müssen schon lange nach der Pfeife Minderbegabter
tanzen, um überleben zu können. Wir haben immer gerne auch das
Rummelplatzmedium bedient. Als wir dies in der Pressebroschüre einer
Kultur-Abteilung mitteilen wollten, wurde uns empfohlen,
„Rummelplatz“ doch lieber zu streichen. Da wussten wir, dass es
höchste Zeit ist, mit dem Spagat auf zu hören. Seit 2008
realisieren wir keine Eigenproduktionen des Fernsehens mehr und nähern
uns denen nur noch indirekt an. Dieses wurde (auch) möglich, durch die technische Revolutionierung der Aufnahme- und Be- arbeitungsseite. Die
Zukunft gehört dem Angepassten oder vollkommen frei Produzierten, für das es ganz
neue Vertriebswege (schon via Internet) geben wird. Filme die sich mit den
Chancen, Möglichkeiten des modernen Lebens lustvoll befassen, in
welcher Form, durch welchen Inhalt auch immer, ohne Scheuklappen, die den
Blick auf's Wünschenswerte verengen.
Was bleibt ?
Möchten
wir garnicht vorausahnen. „Karriere“ müssen wir ja nicht mehr machen.
Es sei denn, wir inszenieren unser Alter ähnlich wie in einigen unserer
Filme annonciert: Das Leben als Abenteuer gleich um die Ecke begreifen,
mit Horror- und Fantasie-Elementen oder ganz „lazy“. Vielen
Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg in der Zukunft. -
Redaktion.
Alle Fotos (C) von 1981 bis 2001: Hannelore Conradsen Svenne Köster Dieter Köster (auch unten (C) 2005 und 2009)
Ich oder die ?
"UND ICH FRAGE MICH GELEGENTLICH, BIN DAS ICH, ODER BIN ICH SCHON SO WIE DIE IM FERNSEHEN" (Sportfreunde Stiller)
Ich
habe
diese zitierten "Sportfreunde" im Rahmen der Bambi- Verleihung
rummkasperln sehen. Mir fällt trotzdem kein passenderer Spruch ein,
der deutlicher machen könnte, warum (im Land der Empathielosen)
mich Natürlichkeit und Unbekümmertheit inspirieren.
Foto: Svenne Köster
Zwischen Subversion und Anpassung
"So
schickt man Kinder anfangs in die Schule, nicht schon in der Absicht,
damit sie dort etwas lernen sollen, sondern damit sie sich daran
gewöhnen mögen, still zu sitzen und pünktlich das zu beobachten, was
ihnen vorgeschrieben wird." Immanuel Kant
Ich hatte eine prima
Kindheit (am Krainbarg,wo auch "Werner" beheimatet ist). Hielt mich
von dem üblichen Leistungsdruck der Erwachsenenwelt fern, klinkte mich
durchbillige Filmeaus, weil sie mir Zuflucht boten und halfen dem profanen Leben zu
entfliehen. Eine typische Schnulzen- und
Laubenpieperkultur herrschte vor und damit lebte es sich als gäbe es nichts anderes. Ich gehöre der ersten Generation an, die mit dem Fernsehen
aufgewachsen ist. Erst das us-amerikanische
Lebensgefühl (sich"einfach frei fühlen"
wenn es noch so zwackt)
hat mich Nachkriegsgenerationler über die Medien umerzogen. Weg von
Einflüssen durch jenen Geist des Nationalsozialismus, welcher noch mehr
oder weniger verdeckt an jeder Ecke frech das Wort führte und bis heute
nachwirkt. Behilflich war das Lebensgefühl aus französischer
Jugendmusikbewegung der frühen Sechziger. Ihr anzuhängen, machte zum kleinen "Avantgardisten". Diese Haltung ermöglichte eine perfekte Abgrenzung
zu den langweiligen Mitmenschen und koppelte mich trotzdem an die moderne Warenwelt. Ich
war kein ganz schlechter Schüler, wollte nur meine Spiele spielen und
verdrängte die Frage, wie mit dem
Widerspruch zurechtkommen, dass die einen Verluste bewältigen müssen,
für andere Goldgräberstimmung herrscht. Wir (die ganz frei spielten)
bemitleidete
die klassenbesten "Streber", um den Freiheitsverlust. Wer diese
Grundhaltung kennt, wird auch heute manche Habenixe sofort verstehen. Ungleichheiten werden verdrängt oder als Ungerechtigkeiten empfunden, als ob die vom
Wirtschaftswachstum unentwegt verschärfte sozialökonomische
Ungleichheit nicht immanent wäre !? Es
gibt Ungerechtigkeiten, die wohl
keiner () aus der Welt schaffen kann. Zum Beispiel die, dass anständige
Leute nicht immer begabt, begabte nicht immer anständig sind und erst
recht nicht alle auf die vergoldete Spitze einer Pyramide passen.
Dahin wollten wir auf einmal alle. An die vergoldete Spitze ! Und
hiermit hatte ich mein Thema gefunden, um das sich (verständlicherweise)
viele der Kollegen rumdrück(t)en.
Noch heute habe ich oft gute Laune, weil ich
mit etwa 11 »Filmemacher« werden wollte, und es geworden bin, mit
Leidenschaft und Durchsetzungswillen. Ich wachte nicht jeden Morgen auf und überlegte mir, wie ich diese Welt
retten könnte, was lange Zeit ja ganz schwer in Mode war und
Anfang der Siebziger jenen Typus hervorgebracht hat,
der alle seine Wahrnehmungen auf die Umwelt ausrichtet und jede Mode und
mediale Aufgeregtheit zu seiner Sache macht. Nein, ich stellte es etwas
anders an. Ich wollte vorallem meine Welt verändern. Lehrte - und
arbeitete im ungeliebten Job des Fernmelder und
machte nebenbei Filme. Ahnte schon damals, wie es oft funktioniert: Wer nichts vor zu weisen hat, gilt gemeinhin als wertlos und fühlt sich wohl oft auch so. Im "Selbstverständlichen" konnte ich mich nur wertiger
fühlen, indem ich (freiwillig-gezwungen) nachzuholen versuchte, was ich in meinem Freiheitsdrang ignoriert
hatte: Am »Zweiten Bildungsweg« war ernüchternd und belebend zugleich,
als Jugendlicher erfahren zu müssen, dass in der Gegend Intelligenz gerne mit Bildung
ver- wechselt wird und Ironie (nicht nur für Kinder) ein Fremdwort
bleibt. Alles soll von sich selber weg führen und geht mit dem
Leben Vieler eine urkomische Ver- bindung ein (was überhaupt nicht mehr
lustig wirkt, bleibt man ihr lebenslang verhaftet).
In
zahllosen Varianten habe ich diese eigene Sicht auf meine Dinge (in oft
komischen Filmen über sogenannte "echte" Leute, quer durch alle
Bevölkerungsschichten) kommentarlos in das Fernsehprogramm
bekommen und es dem Zuschauer überlassen, sich den eigenen Reim darauf
zu machen. Nur unkommentiert bekam ich auf Dauer so lange Filme in den kontrollierten
Apparat, die im Gegensatz zur weitverbreiteten Praxis ganz auf Ton- und
Bildaussage setzen, nicht alles Unordentliche völlig klar und
überschaubar machen, plump, platt und vordergründig in Reihe bringen;
die »Message« mit allen zur Verfügung stehenden Zeigefingern,
Zaunpfählen, Holzhämmern dem Zuschauer einbleuen; wobei dieser notfalls noch unter Vollnarkose mitbekommt, dass hier Kunst gemacht wird oder das, was dafür im Allgemeinen
gehalten wird, ohne näher hinschauen zu müssen, um der
Lieblingsbeschäftigung nachzugehen: sich ganz toll, aber wirklich ganz
toll und betroffen oder therapiert zu fühlen. Die Filme sind beliebt.
Dabei sollte berücksichtigen werden,
dass im Fernsehen alles auf das immergleiche Weltverständnis hinauslaufen soll, egal
welchem Genre das Produkt angehört. Die Zuschauer würden es ja so
verlangen, behaupten die Programmstrategen. Und diese
"Verhaltensmassregel" muß vom Realisator erstmal unterlaufen werden
(bei mir nicht selten durch Subversion & Anpassung). Dies befreiende Spiel haben viele
aufgegeben, verlernt und sind den (oft) kleinbürgerlichen
Verhältnissen unter- legen, die inzwischen alles dominieren. Die
Verbitterung zahlreicher intellektuallisierter Filmemacher, hat
eine Ursache ja gerade darin, dass der Fernsehbetrieb (bei dem es oft
um Akzeptanz dieser Masse geht) auch ohne sie zu funktionieren scheint.
Wenige vermissen deren Deutung. Als gäbe es sie garnicht (ausserhalb
der sub- ventionierten Kulturspielwiesen), zappt das TV- und
Internetpublikum von einer Ablenkung in die nächste. So sieht es aber
nur
aus. Denn es geht nicht um die Kunst der Vermittlung von
bürgerlichen Inhalten in adäquater Sprache (nicht um Ranschmeisse),
sondern komplexes- te Dinge darstellen zu können, dass
auch Zuschauer ohne Hochbildung (oder einer Affinität dazu) eine oder
ihre Identität darin finden könnten. "Kurz
- es ist die alte Tragik des Konflikts zwischen Denken und Handeln -
was nützt es wenn dreissig, fünfzig, hundert, fünfhundert Kultivierte
sich über das Fortschrittliche, Humane und allein Wünschenswerte
einigen können, und die Millionen des <Volkes> sprechen eine
andere Sprache" fragte Annemarie Schwarzenbach schon Klaus Mann. Diese Einzelkämpferarbeit an Fernseheigenproduktionen hat sich für mich nun erledigt, deshalb, weil ich vieles mindestens dreimal durch habe, wie die Darstellung des Angriffs der Populärkultur
auf Werte des wohlhabenden Bildungsbürgertums oder den Hang vieler
Zuschauer, sich gerne ein X für ein U vormachen zu lassen. Mich fasziniert mehr der frei gestaltete poetisch- brachiale Realismus, welcher oft durch Imaginationwirkt, mir (in einem fremden Genre) ein <Drittes Dasein>erschließen könnte (nicht muß).